Rechtzeitig vor dem Urlaub über nötige Impfungen informieren
Menschen, die an einer Autoimmunerkrankung leiden, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Daher wird ihnen ein möglichst vollständiger Impfschutz empfohlen. Aber nicht jede Impfung ist jederzeit geeignet für Betroffene, deren Immunsystem nicht nur durch die Grunderkrankung (z.B. eine autoimmune Lebererkrankung wie Autoimmunhepatitis, PBC oder PSC), sondern auch durch Medikamente beeinträchtigt ist, die das Immunsystem beeinflussen. Darauf weist das Centrum für Reisemedizin (CRM) hin.
Autoimmunerkrankungen haben in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, das ergab eine Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI). Demnach ist mindestens jede*r Zwölfte von Erkrankungen wie Zöliakie, Autoimmunhepatitis oder einer rheumatischen Erkrankung betroffen. Autoimmunerkrankungen sind verbunden mit einer Dysbalance des Immunsystems, mit übersteigerten Entzündungsreaktionen und Angriffen gegen körpereigenes Gewebe. „Bereits diese immunologische Schieflage sorgt dafür, dass die Betroffenen ein erhöhtes Infektionsrisiko haben“, betont Prof. Dr. Martina Prelog von der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg. Auch die häufig notwendige immunmodulatorische Medikation setze die Immunfunktion herab, sodass das Infektionsrisiko im Vergleich zu Gesunden zwei- bis vier-mal höher ist und teilweise auf das 20-Fache ansteigen kann.
Vorbeugen mit Impfungen
Ein umfassender Impfschutz ist daher bei Patientinnen und -patienten mit einer Autoimmunerkrankung besonders wichtig. Doch ist nicht jede Impfung zu jedem Zeitpunkt möglich und sinnvoll. „Bei der Impfentscheidung gilt es, sowohl die Art und Aktivität der Grunderkrankung als auch mögliche Begleiterkrankungen und die aktuelle Medikation zu berücksichtigen“, erläutert Prof. Prelog. Idealerweise werde der Impfschutz noch vor Beginn einer immunmodulatorischen Therapie komplettiert. Wichtig seien dabei neben den Standardimpfungen auch die besonders für
Risikogruppen empfohlenen Impfungen, etwa gegen Pneumokokken, Influenza, RSV, COVID-19 und Herpes zoster.
Reisen frühzeitig planen
Wer eine Reise plant, sollte an das erhöhte Infektionsrisiko in bestimmten Gebieten denken und die Frage nach eventuell nötigen Impfungen frühzeitig mit seinem Arzt besprechen.
(Fast) kein Problem: Totimpfstoffe Ob Reise- oder Standardimpfung: Meist handelt es sich dabei um Totimpfstoffe, die keine vermehrungsfähigen Krankheitserreger enthalten und deshalb auch für Menschen mit beeinträchtigter Immunfunktion sicher sind. „Eine Impfung mit einem Totimpfstoff ist immer möglich“, versichert Prof. Prelog. Allerdings baue sich der Impfschutz unter Immunmodulation oftmals langsamer auf, bleibe gegebenenfalls geringer und halte kürzer an. Je nach Medikation und Impfstoff werden daher zusätzliche Impfdosen und/oder eine Überprüfung des Antikörpertiters empfohlen.
Lebendimpfstoffe: Auf das Timing kommt es an Vermehrungsfähige Impferreger sollten unter einer Medikation, die das Immunsystem beeinflusst, prinzipiell nicht verabreicht werden, da eine übermäßige Vermehrung und Ausbreitung im Körper nicht ausgeschlossen werden können, so eine Mitteilung des CRM. „Wenn möglich sollten Lebendimpfungen daher immer vor Beginn der medikamentösen Therapie abgeschlossen sein“, rät Prelog. Wenn die Therapie aber schon begonnen habe, sollten Phasen mit niedrig dosierter Immunsuppression oder Einnahmepausen in stabilen Krankheitsphasen für die Impfungen genutzt werden.
Länder mit Gelbfieberrisiko vermeiden Für die meisten Reiseimpfungen gibt es einen Totimpfstoff als Alternative zum Lebendimpfstoff. Unter den in Deutschland empfohlenen Impfungen sind nur die Masern-Mumps-Röteln- und die Windpocken-Impfung ausschließlich als Lebendimpfstoff verfügbar. Bei den Reiseimpfungen gilt die Gelbfieber-Impfung als
größte Hürde – denn auch sie gibt es nur als Lebendimpfstoff, der zudem eine sehr hohe Replikationsfähigkeit aufweist und unter Immunsuppression kontraindiziert ist. Ausnahmen sind nur bei niedrig dosierter Medikation und strenger Nutzen-Risiko-Abwägung möglich. Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion rät Prelog daher, gut zu überlegen, ob ihre Traumreise sie wirklich in ein Land mit hohem Gelbfieberrisiko führen muss, selbst wenn man durch Verhaltensmaßnahmen das Stechrisiko durch die Gelbfieber übertragenden Mücken vermindern kann.
Ausgewählte Reiseimpfungen und ihre Besonderheiten bei Autoimmunerkrankungen
• Gelbfieber: nur als Lebendimpfstoff mit hoher Replikationsaktivität verfügbar. Bei Immunsuppression kontraindiziert, da die Gefahr einer schweren Erkrankung besteht. Ausnahmen nur bei niedrig dosierter Medikation und nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung.
• Typhus, Cholera: Orale Lebendimpfstoffe sollten besonders bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vermieden werden. Ausweichen auf Totimpfstoffe möglich.
• Japan-B-Enzephalitis: hohes Erkrankungsrisiko für immunsupprimierte Patienten. Guter Schutz durch Totimpfstoff, der problemlos verabreicht werden kann.
• Hepatitis A: sicherer Totimpfstoff. Doppelte Impfdosis oder Wiederholungsimpfung nach 4 Wochen empfohlen, da die Wirksamkeit unter Immunsuppression herabgesetzt ist.
• Influenza: bei Reisen in die Tropen ganzjährig relevant. Totimpfstoff, der sicher angewendet werden kann.
• Tollwut, FSME: sichere Totimpfstoffe. Aufgrund herabgesetzter Wirksamkeit unter Immunsuppression werden jedoch zusätzliche Impfdosen empfohlen.
Quelle: CRM Centrum für Reisemedizin