Selbsthilfe für Leberkranke seit 1997

Bericht zum 4. Porphyrie-Symposium

Am 25. und 26. November 2023 fand in Berlin auf dem Charité-Campus Benjamin Franklin das dritte Porphyrie-Symposium statt. Der Berliner Leberring e.V. richtete die Veranstaltung gemeinsam mit der Charité und dem Porphyriezentrum am Klinikum Chemnitz aus.

Sabine v. Wegerer, Vereinsvorsitzende des Berliner Leberring e.V. und Prof. Rajan Somasundaram, Leiter der Zentralen Notaufnahme Charité-Campus Benjamin Franklin begrüßten am ersten Tag die Teilnehmenden – Mediziner und Medizinerinnen, Porphyrie-Betroffene, Angehörige und Interessierte.

Einblick in das Leben mit Porphyrie

Zur Einführung in das Thema Porphyrie-Erkrankungen sprach Prof. Somasundaram mit Solveigh Walter, die selbst von Porphyrie betroffen ist. Das Gespräch zeigte einen kleinen Einblick in das Leben mit dieser seltenen Erkrankung. Ostern im Jahr 2000 kam Solveigh Walter mit akuten Beschwerden ins Krankenhaus. Ihre Schwester hatte zu der Zeit bereits die Diagnose einer Akuten hepatischen Porphyrie, das erleichterte den Weg zur Diagnose. Solveigh Walter betonte, dass die Gespräche mit ihrer Schwester in dieser Situation für sie beruhigender waren als die Informationen durch die behandelnden Ärzte. Sie wünscht sich unter anderem, dass Ärzte und Pflegepersonal sich mehr mit der Erkrankung beschäftigen und zum Beispiel die Gabe von Glucose im Krankenhaus nicht „erbettelt“ werden muss.

Porphyrie – was vor einer Operation beachtet werden sollte

Dr. Eva Diehl-Wiesenecker, Fachärztin für Innere Medizin in der Zentralen Notaufnahme am Charité-Campus Benjamin Franklin, informierte, was bei Porphyrie-Patienten vor und nach einer Operation zu beachten ist. Sie empfahl, auf jeden Fall die Klinik vorher über die Erkrankung zu informieren. So kann unter anderem vorher geklärt werden, wie man längere Fastenperioden vermeidet und welche Medikamente gemieden werden sollten, weil sie einen Porphyrie-Schub auslösen können.

Dr. Eva Diehl-Wiesenecker stellte außerdem das Deutsche Porphyrie-Konsortium vor. 33 Experten und Expertinnen aus Berlin, Hamburg, Göttingen, Chemnitz und Karlsruhe haben sich hier zusammengefunden. In regelmäßigen Konferenzen werden Diagnose- und Behandlungsmethoden auch anhand konkreter Fälle besprochen. Es wurde ein Deutsches Porphyrie-Register (PoReGer) gestartet. Die Datensammlung soll u.a. ermöglichen, die Behandlung von Porphyrie-Patienten und die Früherkennung der verschiedenen Porphyrie-Formen zu verbessern.

Was bei einer Porphyrie im Körper passiert

Nils Wohmann vom Porphyriezentrum Chemnitz erläuterte in seinem Vortrag die Biochemie der Porphyrie-Erkrankungen. Diese gehen auf Störungen in der Synthese des Häm zurück, eines Bestandteils des roten Blutfarbstoffs. Das Häm wird in der Leber oder im Knochenmark gebildet. Je nachdem, welches der acht beteiligten Enzyme gestört ist, entstehen die verschiedenen Porphyrie-Formen mit ihren unterschiedlichen Symptomen.

Hoffnung für Betroffene mit kutanen Porphyrien

PD Dr. Jasmin Barman-Aksözen vom Stadtspital Zürich Triemli widmete sich in ihrem Vortrag den kutanen Porphyrien. Die Betroffenen leiden unter einer teils extrem schmerzhaften Lichtempfindlichkeit. Sie müssen sich durch entsprechende Kleidung schützen, Aktivitäten im Freien meiden und alle Lebensbereiche an die Krankheit anpassen.

Seit 2014 ist Afamelanotid (Scenesse) für die Behandlung der erythropoetischen Protoporphyrie zugelassen. Es stimuliert die Melaninbildung in der Haut, Betroffene können sich dadurch länger dem Licht aussetzen. Für zwei weitere Medikamente (Dersimelagon und Bitopertin) laufen derzeit klinische Studien.

2023 wurden zwei Sonnencremes mit besonderen Schutzfaktoren auf den Markt gebracht: Charlottes Cream von Beiersdorf und Cyacelle von Clinuvel (Anmerkung: Nach Angaben des Herstellers ist Charlottes Cream eine Spezialentwicklung und kann nicht erworben werden; Cyacelle ist bestellbar für ca. 80 Euro inkl. Versand). Es gibt allerdings zu den Präparaten bisher keine Studien, daher ist die Wirksamkeit schwer einzuschätzen.

Nach den Vorträgen des ersten Tages gab es in den Räumen des Berliner Leberring e.V. einen Imbiss und die Gelegenheit zu Gesprächen mit Betroffenen und Referenten.

Therapien bei verschiedenen Porphyrie-Erkrankungen

Der zweite Symposiumstag begann mit einem Vortrag von Prof. Ulrich Stölzel, Leiter des Porphyriezentrums Chemnitz, zu den Therapie-Möglichkeiten bei den verschiedenen Porphyrie-Erkrankungen.

Akute Porphyrien: Triggerfaktoren müssen beseitigt werden, auf eine ausreichende Kalorienzufuhr muss geachtet werden. Im akuten Schub kann Hämarginat gegeben werden. Das Medikament Givosiran ist seit 2020 in Europa für Betroffene ab 12 Jahren zur vorbeugenden Behandlung zugelassen. Wenn alle Maßnahmen versagen, kann eine Lebertransplantation in Erwägung gezogen werden.

Porphyria cutanea tarda: Aderlass bei Eisenüberlastung, mit Hilfe von Hydroxychloroquin (HCQ) können Porphyrine ausgeschieden werden. Mögliche Auslöser meiden (z.B. Alkohol) bzw. behandeln (z.B. HCV-Infektion)

Erythropoetische Protoporphyrien: Lichtschutz, vorbeugend Afamelanotid (Scenesse), die Leber schützende Maßnahmen wie zum Beispiel Impfungen gegen Hepatitis A und B. Zwei weitere Medikamente werden zurzeit in Studien untersucht. In schweren Fällen kann eine Stammzelltransplantation oder eine Lebertransplantation infrage kommen.

Der Weg zur Porphyrie-Diagnose ist oft lang

Prof. Frank Tacke, Klinikdirektor an der Charité Universitätsmedizin Berlin, Med. Klinik Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, gab einen Überblick über den oft langen Weg zur Diagnose einer akuten hepatischen Porphyrie: Zunächst werden häufig Fehldiagnosen gestellt. Durch die späte Diagnose kann es bei Betroffenen zu schweren Verläufen und Komplikationen kommen. Man sollte an die AHP denken bei schweren diffusen Bauchschmerzen verbunden mit Begleit-Symptomen wie z.B. Lähmungen, Muskelschwäche, Verwirrung, Angst oder Übelkeit und Erbrechen.

Dr. Thomas Stauch vom MVZ Labor Volkmann in Karlsruhe informierte über die Labor-Diagnostik der Porphyrien. Auch er unterstrich wie wichtig es ist, überhaupt die Möglichkeit einer Porphyrie-Erkrankung in Betracht zu ziehen. Eine Gen-Diagnostik kann in manchen Fällen sinnvoll sein, z. B. wenn weitere Familienmitglieder betroffen sein könnten.

Studie: Seltene Erkrankungen in der Notaufnahme

Zum Abschluss des Symposiums stellte Sandra Pflock, Medizinstudentin an der Charité Campus Benjamin Franklin, Zentrale Notaufnahme und Studienkoordinatorin für die BAWARE-Studie, diese Studie vor. Dabei werden Betroffene mit Porphyrie und anderen seltenen Erkrankungen gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Es soll untersucht werden, wie seltene Erkrankungen in der Notaufnahme besser erkannt werden können.

Zum Abschluss des zweiten Symposiumstages gab es ebenfalls die Gelegenheit zu Gesprächen zwischen Referenten und Teilnehmern in den Räumen des Berliner Leberring e.V.