Selbsthilfe für Leberkranke seit 1997

Bericht zum Arzt-Patienten-Seminar

Lebererkrankungen und Porphyrie

Lebererkrankungen und Porphyrie – das Arzt-Patienten-Seminar zum 25-jährigen Jubiläum des Berliner Leberring e.V. bot inhaltlich einen guten Überblick über die medizinischen Schwerpunkte der Vereinsarbeit. Betroffene dieser unterschiedlichen Erkrankungen suchen hier Rat und Unterstützung. Die Vereinsvorsitzende Sabine v. Wegerer  und Prof. Rajan Somasundaram, Leiter der Notaufnahme und der Porphyrie-Sprechstunde am Charité Campus Benjamin Franklin, begrüßten die Seminarteilnehmer und führten in die Thematik ein.

Hepatitis C ist heute fast immer heilbar

Prof. Frank Tacke, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie an der Charité Campus Mitte und Campus Virchow Klinikum, informierte im ersten Vortrag über Virushepatitis-Erkrankungen.

Eine Infektion mit Hepatitis C kann heute bei  fast  allen Patienten behandelt und geheilt werden. Die Therapie mit Tabletten dauert zwei bis drei Monate und ist gut verträglich. Bei Patienten, die bereits mit anderen Medikamenten behandelt werden, kann man vorab mögliche Wechselwirkungen erfragen auf der Webseite www.hep-druginteractions.org

Prof. Tacke wies ausdrücklich auf die wichtige Neuerung für gesetzlich Krankenversicherte hin: Seit Oktober 2021 ist im Check-up 35 einmalig ein Test auf Hepatitis B und Hepatitis C enthalten.

Neue Leitlinie zu Hepatitis B

Für die Diagnose und Therapie der Hepatitis-B-Infektion ist 2021 eine neue Leitlinie erschienen. Eine akute Hepatitis-B-Infektion kann ohne Therapie ausheilen, doch die Infektion kann immer wieder aufflammen. Daher sei es wichtig, Patienten bei einer bekannten HBV-Infektion kontinuierlich zu über wachen und bei einer Leberentzündung oder gar Zirrhose zu behandeln. Prof. Tacke verwies darauf, dass neuere Präparate für die Therapie zur Verfügung stehen.

Eine Hepatitis D tritt immer als Co-Infektion mit Hepatitis B auf. Für die Behandlung steht ein neues Medikament (Bulevirtid) zur Verfügung. Die Behandlung sei allerdings teuer und dauere zwei bis drei Jahre, so Prof. Tacke.

Hepatitis E wird in Deutschland hauptsächlich über Schweinefleisch übertragen. In den allermeisten Fällen heilt eine akute Infektion von alleine aus. Gefährdet seien allerdings Betroffene, die bereits eine andere Lebererkrankung haben, erläuterte Prof. Tacke.

Welche Rolle spielt Eisen für die Leber?

Nils Wohmann vom Porphyriezentrum am Klinikum Chemnitz informierte in seinem Vortrag darüber, welchen Einfluss Eisen auf die Leber hat. Der Eisenstoffwechsel ist ein komplexer Vorgang. Bei einer Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) zum Beispiel wird zu viel Eisen im Körper  gespeichert.  Ein Eisenüberschuss in der Leber spielt auch bei der Porphyria Cutanea Tarda eine Rolle. Bei einer Eisenüberlastung hilft eine Aderlass-Therapie. Eine bestimmte Diät sei nicht wirkungsvoll, so Dr. Wohmann.

Eine Entzündung der Leber kann wiederum die Aufnahme von Eisen hemmen. Bei einem Eisenmangel sei eine Substitution sinnvoll. Bestimmte Dinge bei der Ernährung wegzulassen wie Kaffee oder schwarzen Tee, die die Eisenaufnahme hemmen, sei allein nicht ausreichend.

Autoimmunhepatitis: Nachweis durch Biopsie

Dr. Julia Benckert, Oberärztin an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Charité Campus Virchowklinikum, gab einen Überblick zu den seltenen autoimmunen Lebererkrankungen.

Für eine sichere Diagnose einer Autoimmunhepatitis (AIH)sei eine Leberbiopsie notwendig, so die Medizinerin. Die Krankheit kann unbehandelt zu einer Leberzirrhose mit den damit verbundenen Folgen oder auch zu akutem Leberversagen führen. Behandelt wird zunächst mit Prednisolon bzw. Budesonid, das in der Leber und im Darm schneller abgebaut wird. Wenn die akute Entzündung abklingt, wird die Therapie im Allgemeinen mit Azathioprin fortgesetzt. Die Therapie dauert mindestens zwei Jahre, bei den meisten Patienten lebenslang. Wenn die Behandlung nicht wirkt, können andere immunsupressive Medikamente eingesetzt werden.

Hauptsächlich Frauen von PBC betroffen

Die Primär Biliäre Cholangitis (PBC), eine Erkrankung der Gallenwege, wird meist durch eine Blutuntersuchung diagnostiziert, wenn sich typische Antikörper im Blut finden und die alkalische Phosphatase chronisch erhöht ist. In Zweifelsfällen kann auch eine Leberbiopsie die Diagnose absichern. Betroffen sind mehr Frauen als Männer (9:1). Behandelt wird die PBC in erster Linie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA), die den Gallensaft verdünnt. Wirkt diese nicht ausreichend, kann Obeticholsäure dazu gegeben werden. Auch Fibrate werden bei  der Therapie eingesetzt (off label). Betroffene mit PBC leiden häufig an weiteren Autoimmunerkrankungen.

PSC-Betroffene leiden häufig auch an Darmerkrankungen

Von der Primär Sklerosierenden Cholangitis (PSC) sind mehr Männer als Frauen betroffen (2:1). Die Patienten leiden häufig auch an eine Chronisch Entzündlichen Darmerkrankung (CED). UDCA kann den Gallefluss verbessern, endoskopisch können Engstellen im Hauptgallengang aufgeweitet werden. Geheilt werden kann die Erkrankung  nur durch eine Transplantation.

Es wurde gefragt, ob bei den Autoimmunerkrankungen ein genetischer Test sinnvoll sei, zum Beispiel bei Angehörigen von Betroffenen. Dr. Benckert verwies darauf, dass die Erkrankungen durch viele Gene beeinflusst werden, die nicht alle durch einen Test abgedeckt werden können.

Die vielen Gesichter der Porphyrie-Erkrankungen

Der zweite Teil der Vortragsveranstaltung  war den Porphyrie-Erkrankungen gewidmet. Prof. Elisabeth Minder  von der Schweizerischen Gesellschaft für Porphyrie gab einen Überblick über diese seltenen Erkrankungen. Den Porphyrie-Erkrankungen liegt eine Stoffwechselstörung zugrunde, bei der die Häm-Synthese gestört ist. Je nachdem, an welcher Stelle die Störung auftritt, häufen sich unterschiedliche Zwischenprodukte an,  es treten unterschiedliche Symptome auf.

Die akuten Porphyrien treten in Schüben auf, die Symptome sind z. B. starke Bauchschmerzen. Die chronischen Porphyrien zeigen sich vor allem an der Haut, so. Bestimmte Risikofaktoren können einen Schub der akuten hepatischen Porphyrie auslösen, z.B. Stress, Infektionen, Operationen, bestimmte Medikamente, Fasten oder Hormonschwankungen. Das Hauptsymptom sind starke Bauchschmerzen, es können aber auch andere teils gravierende Beschwerden bis hin zu Lähmungen auftreten. Für die Betroffenen ist also das Vermeiden bekannter Auslöser und die schnelle Behandlung eines Schubs wichtig. Da die genetische Veranlagung vererbt wird, empfiehlt Prof. Minder eine genetische Abklärung bei Familienangehörigen. Mögliche Spätfolgen akuter Porphyrien sind z. B. Leberkrebs, Niereninsuffizienz, Bluthochdruck.

Bei den Porphyrie-Formen, die die Haut betreffen, wie die Erythropoietische Protoporphyrie oder die Porphyria cutanea tarda, kommt es entweder zu Blasen und Geschwüren an den Hautpartien, die dem Licht ausgesetzt sind; oder Licht führt zu teils starken Schmerzen, eventuell verbunden mit Schwellungen/Ödemen. Sehr selten ist die Congenitale erythropoietische Porphyrie, bei der sehr schmerzhafte Reaktionen auf Licht auftreten, die sogar zu Entstellungen führen können. Die Porphyria variegata und die hereditäre Koproporphyrie können sowohl Bauchschmerzen als auch Hautreaktionen verursachen.

Porphyrie-Diagnose im Spezial-Labor

Dr. Thomas Stauch vom Labor MVZ PD Dr. Volkmann und Kollegen in Karlsruhe informierte darüber wie eine Porphyrie-Erkrankung diagnostiziert werden kann. Der erste Schritt bestehe darin, aufgrund der Beschwerden überhaupt eine Porphyrie in Betracht zu ziehen, betonte er. Der sich rot verfärbende Urin sei ein wichtiger Hinweis, zum Beispiel bei Kleinkindern in der Windel. Im Labor werden Urin, Blut- und Stuhlproben untersucht. Dr. Stauch wies darauf hin, dass zahlreiche Erkrankungen eine Veränderung im Porphyrinstoffwechsel verursachen können. Deshalb sollte ein Speziallabor die Werte in Zusammenhang mit klinischen Daten und der ärztlichen Anamnese beurteilen. Eine akute hepatische Porphyrie könne auch noch Monate nach dem Krankheitsschub diagnostiziert werden, betonte Dr. Stauch.

Die genetischen Veränderungen, die eine Porphyrie-Erkrankung verursachen, werden vererbt. Gen-Analysen seien aber zur Primärdiagnostik ungeeignet, so Dr. Stauch, da viele Gene eine Rolle spielen. Sie würden bei schwierigen Fällen eingesetzt sowie zur Abklärung bei Familienangehörigen.

Behandlung eines akuten Porphyrie-Schubs

Dr. Eva Diehl-Wiesenecker von der Porphyrie-Sprechstunde am Charité Campus Benjamin Franklin berichtete über die Behandlung von akuten Porphyrien. Steht die Diagnose fest, geht es zunächst um die Behandlung der akuten Symptome wie (Bauch)schmerzen und Übelkeit, Erschöpfung, Verwirrtheit, Krämpfe, Bluthochdruck etc. Zur ursächlichen Behandlung eines akuten Porphyrie-Schubs dient in erster Linie Glucose. Bei neurologischen Symptomen wie Lähmungen und Krampfanfälle kann intravenös Hämin gegeben werden. Sie betonte ebenfalls wie wichtig es ist, im Alltag Trigger zu vermeiden.

Zur vorbeugenden Behandlung ist seit 2020 in Europa das Medikament Givosiran als orphan drug zugelassen. Es reduziert die Symptome, wirkt aber nicht bei allen Patient:innen, es kann zu Nebenwirkungen kommen, außerdem ist die Therapie sehr teuer (600.000 bis 1.200.000 Euro pro Jahr).

Prof. Ulrich Stölzel, Leiter des Porphyrie-Zentrums am Klinikum Chemnitz, erläuterte die Vorgänge im Körper, die zur Entstehung der verschiedenen Porphyrie-Erkrankungen beitragen. Er ging ebenfalls auf Möglichkeiten der Behandlung ein, u.a. die Aderlass-Therapie bei der Porphyria cutanea tarda,  den Einsatz von Givosiran, die Gabe von Insulin und weitere Therapien, die zurzeit noch in der Entwicklung sind.